Dr. Papageorgiou: “Grüße Sie, Herr Moridani, Willkommen beim Talk am Hirschgraben und ja, ich freue mich sehr auf unser Gespräch. Herr M. Moridani… ist doch ein italienischer Name, habe ich Recht? Und lassen Sie mich raten: M. für Massimo, also Massimo Moridani?”

M. Moridani: (lacht) “Ja, so habe ich meinen Namen bereits öfter auch interpretiert und sogar verwendet, aber nein, der Name ist persischer Herkunft. Masoud Moridani.”

Dr. Papageorgiou: “Aus welcher geographischen Region Persiens stammen Sie denn?”

M. Moridani: “Ganz aus dem Norden. Das deutsche Analog wäre wohl Ost-Friesland.”

Dr. Papageorgiou: “Ah ok, das wird ja ein noch interessanteres Gespräch als erwartet und insbesondere wegen Ihrem Beruf. Sie sind Maßschneider (pahlundbauer.com) mit Hauptstandort Berlin, jetzt auch bald in Zürich. Wir plastischen Chirurgen bezeichnen uns ja selber ebenfalls als „Maßchirurgen“, aber jetzt muss ich erstmal nachfragen: Wie und wann sind Sie als ostfriesischer Perser nach Deutschland gekommen?”

M. Moridani: “Meine Familie ist mit uns aus politischen Gründen nach Deutschland bzw. Berlin geflohen, und zwar 1989 und ich merke an: vor dem Mauerfall, also noch in Old Berlin … Untergebracht waren wir damals, am Anfang, in einer verlassenen amerikanischen Kaserne in Steglitz.”

Dr. Papageorgiou: “In Berlin haben Sie dann, nehme ich ebenfalls an, die Schule etc. besucht. Wobei ich auf die Zeit der Pubertät nicht näher eingehen will, die ist ja eh immer sehr langweilig … das viele Lernen, die ganzen Nachmittagsaktivitäten … Also waren Sie stets in Berlin?”

(Beide lachen laut.)

M. Moridani: “Ja, das ist richtig. In Berlin habe ich dann nach meinem schulischen Werdegang auch Architektur studiert und nach Abschluss des Studiums ebenfalls als Architekt gearbeitet.
Doch habe ich die Architektur schnell zur Seite gelegt und mich im Bereich der Mode selbständig gemacht. Mode war und ist meine große Leidenschaft. Daraufhin habe ich mich direkt auf Maßanzüge spezialisiert.”

Dr. Papageorgiou: „Da hat Ihr Architekturstudium Ihnen sicherlich nicht geschadet. Architektur ist ja ebenfalls eine Kunst, zumindest ordne ich sie so ein, und hat viele Schnittmengen mit der Mode. Sie sind dann eine Art persich-ostfriesicher-achitektonischer Maßschneider.”

M. Moridani: “Bitte die Betonung auf ostfriesich! Das war der schwerste Titel!”

(Beide lachen.)

Dr. Papageorgiou: “Welche Leute interessieren sich in Berlin für Maßanzüge?”

M. Moridani: “Ich habe ein komplett durchmischtes Klientel, ohne soziokulturelle Konzentration auf eine bestimmte Gruppe. Was alle meine Klienten verbindet, ist der Wunsch nach etwas Individuellem und Besonderem.”

Dr. Papageorgiou: “Das ist in meinem Bereich der plastisch-ästhetischen Chirurgie ähnlich, ob z.B. im Bereich der Liposuktion oder auch der nicht invasiven Eingriffe, z.B. der Faltenunterspritzung. Ein komplett durchmischtes Klientel. Anstatt jetzt zu fragen, was Ihnen an Ihrem Beruf am Besten gefällt, jetzt mal die Frage, was macht am wenigsten Spaß an Ihrem Beruf?”

M. Moridani: “Ich wüsste nicht, was mir nicht gefällt. Ich mache diesen Beruf aus Leidenschaft.”

Dr. Papageorgiou: “Ich wusste es, die Antwort ist die gleiche!”

(Beide lachen.)

Dr. Papageorgiou: “Was planen Sie in der Schweiz?”

M. Moridani: “Ich habe in Berlin sehr viele Schweizer Kunden und bemerke eine große Nachfrage auf diesem Gebiet.”

Dr. Papageorgiou: “Woher glauben Sie, kommt das? Ich meine, dass in diesem Fall die Schweizer ein deutlich höheres Interesse an maßgeschneiderter Mode zeigen als die Deutschen? Ich glaube, der finanzielle Aspekt spielt hier nicht den ausschlaggebende Grund. Geld kann man schließlich für alles ausgeben. Es muss etwas anderes sein.”

M. Moridani: “Ich glaube, es ist das tiefere Verständnis und eine höhere Wertschätzung der Maßarbeit. Individuell hergestellte Produkte genießen in der Schweiz ein höheres Maß an Beliebtheit.“

Dr. Papageorgiou: “In der plastischen Chirurgie ist das ähnlich, wie bei einem Maßanzug, der versucht ein bisschen zu viel Fett an den Hüften oder am Bauch zu kaschieren. Wir kaschieren nur nicht, sondern korrigieren den Ausgangsbefund. Haben Sie sich schon einmal etwas Maßgeschneidertes oder Maßgefertigtes gegönnt?” (https://www.vassiliospapageorgiou.com/procedures/oberschenkelstraffung/)

M. Moridani: “Ja, ich habe mir die Nase operieren lassen. Und ja, aus rein ästhetischen Beweggründen. Sie war asymmetrisch und störte mich. Mit dem Ergebnis bin ich heute noch sehr zufrieden.”

Dr. Papageorgiou: “Also hatten Sie bereits eine positive Berührung mit dem Bereich der ästhetischen Chirurgie. Was halten Sie von der Diskussion über die plastische Chirurgie, in welcher oft ja durchaus extreme Beispiele, ja fast nur Abschreckungsbeispiele präsentiert werden mit dem Ergebnis, dass die Zuschauer nur kopfschüttelnd sagen: Sowas beklopptes, sowas kann man doch nicht machen lassen?”

M. Moridani: “Von Extrembeispielen halte ich prinzipiell nichts. Sie repräsentieren nicht die große Mehrheit und sind daher als Diskussionsgrundlage untauglich. Ich glaube, der individuell empfundene Leidensdruck, sei es wegen der Nase oder der Beine oder der Falten oder des Bierbauchs, das kann niemand außer dem Betroffenen selbst einschätzen. Und dessen Einschätzung gilt es zu respektieren.”

Dr. Papageorgiou: “Anders gesagt, sollte die plastische Chirurgie in den Bereich vordringen und sich präsentieren: Ja, alles ist möglich?”

M. Moridani: “Sich so präsentieren nicht, aber es gegebenenfalls machen ja. Warum nicht? Diese Grenzen werden ja in der Regel von Menschen gesetzt, die ja eben keinen Leidensdruck verspüren. Ich bin da offen. Das muss individuell zwischen dem Arzt und dem Patienten entschieden werden. Diese Entscheidung sollte stets nur so getroffen werden. Willkürliche Grenzen von außen halte ich für, wie bereits erläutert, willkürlich. Das ist eine Sache zwischen Patient und Arzt.”

Dr. Papageorgiou: “Also Sie setzten da keine Grenzen und stehen zu einer sehr individuellen Entscheidung?”

M. Moridani: “Genau.“

Dr. Papageorgiou: “Ich glaube dieses Streben nach Individualität, ich meine nicht des Geistes oder der Philosophie, ich meine des äußeren Erscheinungsbildes ist ein starker und globaler Trend.”

M. Moridani: “Ja. Das individuelle Erscheinungsbild ist stark, sehr stark im Trend. Gleiches beobachte ich.”

Dr. Papageorgiou: „Genau, ich beobachte auch, dass dieser dynamische Trend des individuellen Erscheinungsbildes am Ende zu einer Masse von individuellen Erscheinungsbildern führt. Sehr deutlich war das in meiner zurückliegenden Zeit in Berlin zu sehen. Ich meine, man sieht einen Haufen Leute, die teils krampfhaft versuchen, individuell auszusehen.”

M. Moridani: “Genau, ein Paradoxon!”

Dr. Papageorgiou: “Am Ende haben wir einen Zustand, der sich selbst cancelt.”

M. Moridani: „Richtig! Ich meine, das alleinige Erscheinungsmerkmal unter sehr vielen alleinigen Erscheinungsmerkmalen ist dann gegebenenfalls kein alleiniges Erscheinungsmerkmal mehr, sondern genau das Gegenteil.”

Dr. Papageorgiou: “Das Ergebnis würde ja dann sein, dass dann die nicht sehr individuellen Erscheinungen, die sind, die ein alleiniges Erscheinungsmerkmal haben würden und nicht die, die sich darum bemüht haben.”

M. Moridani: “Ich nehme an, dass wenn dieser Punkt erreicht ist, das Ganze wieder von vorne los geht. Nur jetzt in Richtung kein alleiniges Erscheinungsmerkmal.”

Dr. Papageorgiou: “Sie merken, wir könnten unendlich weiter reden. Also beenden wir es für heute. Herr Moridani, danke für das inspirierende Gespräch.”

M. Moridani: “Ebenfalls vielen Dank für die Einladung.”